Fahrwerksvermessung am Beispiel BMW E36
Das Modell E36 (3er BMW) wurde gewählt, weil es die beim Z1 erstmals
eingesetzte Mehrlenker-Hinterachse in weiterentwickelter Form aufweist.
Das Fahrwerk des E36 weist an den Vorderrädern einen Querlenker und ein
Federbein auf. Ein Stabilisator begrenzt die Kurvenneigung der Karosserie. Das
elastische Radführungsgelenk ist außen am Querlenker befestigt.
Die Hinterachse des E36 besteht aus einem starren, mit dem Radträger verbundenen
Längsträger und zwei übereinander angeordneten Querlenkern. Der
Hinterachsträger ist zur besseren Isolation von Antriebs- und Rollgeräuschen
elastisch mit der Karosserie verbunden.
Besonderes Merkmal dieser Konstruktion ist die weitgehende Vorspurkonstanz bei
Einfederung in der Vertikal-, Längs- und Querachse.
Vorbereitende Arbeiten und Konditionierung des Kfz
Die vorbereitenden Arbeiten, abgestimmt auf den E36, umfassen:
- Dreh- und Schiebeuntersätze sowie die Hebebühnenbreite nach der Spurweite und dem Radstand des Fahrzeugs
ausrichten.
- Fahrzeug auf die Raduntersätze auffahren. Die Reifen müssen mittig auf den Untersätzen stehen.
- Sicherungsstifte aus den Raduntersätzen entfernen, um ein Verspannen des Fahrzeugs zu vermeiden.
- Bremsen durch Einsetzen des Bremsspanners blockieren.
- Die Vermessung erfolgt bei vollem Tank und der BMW-spezifischen Normbeladung. Wird der Tank nicht aufgefüllt,
so ist unbedingt ein Gewichtsausgleich durch Ballastsäcke auf dem Tank erforderlich. Ein leerer 70-l-Tank
führt beispielsweise zu einem Mindergewicht von ca. 50 kg.
- Normbeladung aufbringen. Sie beträgt für den E36 auf den Vorder- und Rücksitzen je 68 kg, in
den Kofferraum werden 21 kg gelegt. Für die Beladung stehen Sandsäcke mit Gewichten zwischen 3 und 15
kg zur Verfügung.
- Schnellspanneinheiten an allen Rädern anbringen und Meßwertaufnehmer einstecken, dabei nach den
integrierten Wasserwaagen ausrichten.
- Positionsangabe der Meßwertaufnehmer durchführen durch Eingabe der Nummern 1 bis 4.
- Achsmeß-Computer einschalten oder, falls er schon in Betrieb war, eine neue Vermessung starten. Dabei
wird eine Gesamtlöschung aller vorherigen Werte durchgeführt; anschließend wird die Positionierung
der 4 Meßwertaufnehmer neu eingelesen.
- Fahrzeugsollwerte per Menüführung aus dem Datenspeicher aufrufen.
- Kontrollieren, ob der Höhenstand in der Toleranz von + 10 mm liegt. Vor dieser Kontrolle muß das
Fahrzeug durchgefedert werden, damit sich eine stabile Mittellage der Federung einstellen kann.
Liegt das Fahrzeug in der Toleranz von +/- 10 mm, dann ist durch Veränderung oder Erhöhung der Beladung
der Höhenstand auf +/- 1 mm genau auf den von BMW vorgegebenen Sollwert zu bringen.
Eingangsvermessung
Diese Vermessung kann wie die eventuell folgenden Einstellarbeiten und die dann abschließende Ausgangsvermessung
als programmgeführte Vermessung oder als Vermessung mit wahlfreiem Zugriff durchgeführt werden.
Programmgeführte Vermessung
Bei der programmgeführten Vermessung ist die Reihenfolge der aufzurufenden Fahrwerksmeßpunkte durch
die Software vorgegeben und wird von ihr gesteuert. Zu jedem Meßpunkt wird die entsprechende Bildschirmgrafik
mit den aktuellen Meßdaten im Soll-Ist-Vergleich angezeigt.
Die Steuerung des kompletten Meßvorgangs geschieht über die Tasten "Programmschritt vorwärts"
und "Programmschritt rückwärts".
Vermessung mit wahlfreiem Zugriff
Bei der Vermessung mit wahlfreiem Zugriff sind die Auswahl und Reihenfolge der Meßpunkte frei wählbar.
Auf dem Digitalisierungstablett kann durch Antippen mit dem Taststift auf die jeweilige Grafik der gewünschte
Meßpunkt ausgewählt werden.
Trotz der freien Wählbarkeit sind bei der Reihenfolge der Messungen gewisse Punkte zur Erzielung korrekter
Ergebnisse zu beachten.
Die Vermessung im wahlfreien Zugriff ist deshalb vor allem für Werkstattpersonal mit entsprechenden Vorkenntnissen
und ausreichender Erfahrung gedacht.
Die einzelnen Schritte der Eingangsvermessung sind:
- Einstellen der Fahrt geradeaus zur korrekten Erfassung der Spur- und Sturzwerte der Hinterachse.
- Durchführung der Einschlagroutine mit beidseitigem 20°-Lenkeinschlag zur Ermittlung von Nachlauf,
Spreizung und Spurdifferenzwinkel.
- Erfassung von Spur und Sturz der Vorderachse mit Bildschirmhinweis, vorher den Lenkungsmittelpunkt einstellen.
- Durchführung der großen Einschlagroutine zur Messung der maximalen Lenkwinkel links/rechts.
- Kontrolle der Meßwertübersicht mit Soll-Ist-Vergleich aller Meßwerte. Sind alle gemessenen
Werte innerhalb der zulässigen Toleranzen, so kann sofort ein Meßprotokoll ausgedruckt und die Fahrwerksvermessung
an diesem Kfz beendet werden.
Werden Istwerte außerhalb der Toleranz festgestellt, so sind beschädigte Teile auszutauschen und/oder
Einstellarbeiten durchzuführen.
Alle Werte, die am E36 einstellbar sind, werden in der Spalte "Sollwerte" der Meßwertübersicht
durch ein Werkzeugsymbol markiert. Zu diesen Meßwerten können dann auch die zugehörigen Einstellbilder
und -texte per Tastendruck am Bildschirm angezeigt werden.
Einstellarbeiten
Die einzelnen Schritte der Einstellarbeiten sind:
- Fahrt geradeaus einstellen nach Bedienerführung per Bildschirmanzeige.
- Einstellung der Hinterachse; hier sind beim E36 sowohl Sturz als auch Spur getrennt einstellbar. Per Tastendruck
können die zugehörigen Einstellbilder und -texte angezeigt werden, bevor die Korrektur der Meßwerte
selbst im permanenten Soll-Ist-Vergleich mit der gleichzeitigen Anzeige aller Hinterachswerte von Sturz links/rechts,
Einzelspur links/rechts und Gesamtspur durchgeführt wird.
Nachlaufeinstellung am linken und rechten Vorderrad. Beim E36 ist der Nachlauf konstruktiv vorgegeben und deshalb
nicht einstellbar. Im Bedarfsfall kann hier eine 3fach-Anzeige von Nachlauf, Sturz und Einzelspur des jeweiligen
Vorderrades aufgerufen werden, in der beim Einstellvorgang die laufende Veränderung der Werte im Soll-Ist-Vergleich
dargestellt wird; dies deshalb, weil bei der kompakten Bauform von modernen Mehrlenkerachsen die Einstellexzenter
für Nachlauf und Sturz nicht mehr rechtwinklig zueinander angeordnet sind, woraus sich eine gegenseitige Beeinflussung
dieser Einstellorgane ergibt.
Wegen der jeweiligen Größe der gegenseitigen Beeinflussung hat sich in der Praxis die Einstellreihenfolge
Nachlauf, Sturz, Einzelspur bewährt.
- Einstellung der Vorderachse. Beim E36 sind Sturz und Einzelspur der Vorderräder einstellbar; Einstellbilder/-texte
und 5fach-Anzeige der Meßwerte im Soll-Ist-Vergleich werden ebenfalls am Bildschirm angezeigt.
Bei der abschließenden Einstellung der Einzelspurwerte ist zu beachten, daß zuerst der Lenkungsmittelpunkt
eingestellt und der Lenkradfeststeller eingespannt werden, bevor die Einstellarbeit durch Längenverstellung
der beiden Spurstangen durchgeführt wird.
- Einstellung der maximalen Lenkwinkel. In der Serienausführung des E36 ist außer den Lenkanschlägen
im Lenkgetriebe keine zusätzliche Verstellmöglichkeit für die beidseitig maximalen Lenkwinkel vorgesehen.
Bei der Ausstattung mit extremen Niederquerschnittsreifen kann aber eine Einschränkung der maximalen Lenkwinkel
erforderlich werden. Dies kann erfolgen durch Verstellen von Lenkanschlagschrauben oder durch Beilegen von entsprechenden
Scheiben. In beiden Fällen kann durch Wiederholung der großen Einschlagroutine mit Bildschirmanzeige
festgestellt werden, ob durch die erfolgten Korrekturen der vorgegebene Sollwert erreicht wurde.
Ausgangsvermessung
Die einzelnen Schritte der Ausgangsvermessung sind:
- Erfassen von Spur und Sturz der Vorderachse mit dem Bildschirmhinweis, vorher den Lenkungsmittelpunkt einzustellen.
Diese Spur- und Sturzerfassung kann entfallen, wenn am Ende der vorausgehenden Einstellarbeiten Sturz und Spur
eingestellt und gültige Werte abgespeichert wurden.
- Einstellen der Fahrt geradeaus zur korrekten Erfassung der Spur- und Sturzwerte der Hinterachse.
- Durchführen der Einschlagroutine mit beidseitigem 20°-Lenkeinschlag zur Ermittlung von Nachlauf, Spreizung
und Spurdifferenzwinkel.
- Durchführen der großen Einschlagroutine zur Messung der maximalen Lenkwinkel links/rechts.
- Kontrolle der Meßwertübersicht mit Soll-Ist-Vergleich aller Meßwerte. Sind nun alle gemessenen
Werte der Ausgangsvermessung innerhalb der zulässigen Toleranzen, so kann abschließend ein Meßprotokoll
ausgedruckt und die Fahrwerksvermessung an diesem Kfz beendet werden.
Ausdruck der Daten
Der Protokollausdruck des integrierten DIN-A4-Druckers ist in drei Bereiche unterteilt:
- Kopfzeilen mit Kunden- und Fahrzeug-Identifizierungsdaten. Hier werden die vor Meßbeginn eingegebenen
Kundendaten (Name, Kunden-Nr.) sowie Kfz-Daten (amtliches Kennzeichen, Fahrgestell-Nummer, Tachometerstand) ausgedruckt;
- Mittelteil mit Kfz-Daten. Hierzu gehören Marke, Typ, Modell und Baujahr des Fahrzeugs, die bei der Auswahl
des Solldatensatzes definiert wurden. Außerdem werden in diesem Teil die zuvor gemessenen Werte für
Höhenstand, Reifenluftdruck und -profiltiefe ausgedruckt;
- untere Blatthälfte mit allen Fahrwerksmeßwerten der Hinter- und Vorderachse, angeführt in den
drei Spalten "Eingangsmessung", "Sollwerte" und "Ausgangsmessung".
Die Daten in der Spalte "Eingangsmessung" dokumentieren den Zustand des angelieferten Fahrzeugs. Meßwerte,
die außerhalb der zulässigen Toleranz liegen und deshalb einer Einstellung bedürfen, sind hier
durch ein "*"-Zeichen markiert.
In der Spalte "Solldaten" werden alle vorhandenen Vorgabewerte mit ihren Toleranzen angeführt,
zusätzlich wird auch die maximal zulässige Toleranz zwischen linkem und rechtem Rad angegeben.
Sind für einen bestimmten Meßwert keine Sollwerte vorgegeben, so wird diese Zeile durch ein "#"-Zeichen
markiert.
In der Spalte "Ausgangsvermessung" wexden alle Meßwerte notiert, die nach den eventuell benötigten
Einstellarbeiten nochmals in einer kompletten Meßroutine ermittelt wurden.
Wenn nach korrekten Einstellarbeiten alle Meßwerte innerhalb der vorgegebenen Toleranzen liegen, dann
darf in dieser Spalte kein "*"-Zeichen mehr erscheinen!
Das komplette Vermessungsprotokoll mit den Identifizierungsdaten aus den Kopfzeilen wird nach dem Ausdruck auf
der Festplatte des Achsmeß-Computers abgespeichert und kann bei Rückfragen anhand bestimmter Suchkriterien
jederzeit wieder aufgerufen, am Bildschirm angezeigt und auf DIN A4 ausgedruckt werden.
Homepage |Technik |
English Version |
© known source write
to D.K.